Leserbrief DER STANDARD 2016
Betreff: Deserteurdenkmal
Die Errichtung und Enthüllung des Deserteurdenkmals am Ballhausplatz hätte wesentlich zu einer identitätsstiftenden Diskussion über Pflichterfüllung (Waldheim) und Widerstand gegen das verbrecherische Nazisystem beitragen können. Ihr Bericht im „Standard“ vom 24. Oktober zeigt, dass man dies sträflich versäumt hat. Anstatt alle Opferorganisationen einzubeziehen, um Angehörige ermordeter Deserteure ausfindig zu machen und sie bei den vorbereitenden Arbeiten zum Denkmal und zu dessen Enthüllung einzubeziehen, stellt man sich auf den Standpunkt, es könnte ja jeder kommen, der dabei sein wollte. Man hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, Namen ausfindig zu machen, sondern nur den normalen, offenbar ungeeigneten Verteiler für die Einladungen zu Eröffnungen benützt. Dies zeugt von ausgesprochener Arroganz und Ignoranz.
Öffentliche Denkmäler sind in einem Land, wie Österreich, mit seiner Rolle in der Nazizeit, hochpolitische Objekte und bedürfen eines entsprechenden sensiblen Umgangs.
Hier ist die Kunst gefordert, die Menschen zum Nachdenken anzuregen und nicht dazu sich selbst zu profilieren.
Hugo Brainin