* 19.10.1924 in Wien
Eltern: Sophie und Adolf Brainin
Geschwister: Norbert und Renée
Hugo Brainin überlebte die Zeit des Nationalsozialismus in London.
Er war 73 Jahre mit der Wiener Widerstandskämpferin und Shoah-Überlebenden
Lotte Brainin (geb. Sontag) verheiratet.
Kinder: Elisabeth „Lisi“ und Marianne „Nandi“
Hugo Brainin entstammt einer weltweit verzweigten russisch-jüdischen Familie, die etliche bedeutende Persönlichkeiten hervorbrachte. Ein Teil der Großfamilie kam Anfang des vorigen Jahrhunderts nach Wien, wo bereits Verwandte lebten. Im Ersten Weltkrieg statteten die Brainins Soldaten mit Handschuhen und Pelzkappen aus. Nach dem Krieg fertigte das Pelzhaus Gebrüder Brainin edle Kreationen wie Mäntel, Capes und Jacken in der Leopoldstadt. Verkauft wurde in exklusiv ausgestatteten Niederlassungen in der Wiener Innenstadt. In den Verkaufshallen für Nobelwaren am Karlsplatz waren die Brainins ab 1922 präsent, die vornehmen Verkaufshallen für Luxusgüter befanden sich in der Zwischenkriegszeit an der Stelle des heutigen Wien Museum.
Hugos Vater, Kürschnermeister und Seniorchef, starb 1931 an den Folgen einer Blinddarmentzündung. Die Mutter zerbrach am tragischen Tod ihres Mannes und starb Anfang 1938. Hugo, der ältere Bruder Norbert und die jüngere Schwester Renée lebten nach dem Tod der Mutter bei Tante und Onkel. Für einen Teil der Familie bestand 1938 die Möglichkeit, nach Großbritannien zu flüchten. Denn nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland 1933 war der weltbedeutende Rauchwaren- und Pelzwaren-Großhandelsplatz von Leipzig in die Metropole an der Themse verlegt worden, Hugos Onkel Max lebte von da an in London. Die „Brainin-Brothers“ Salomon, Max und Leo etablierten sich rasch auf dem britischen Markt und eröffneten bald eine große Verkaufsstätte in der New Bond Street, eine der exklusivsten Einkaufsstraßen der britischen Metropole. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich erkannten Max und Salomon Brainin, wie gefährlich die Situation für Juden geworden war. Sie ließen nichts unversucht, eine legale Ausreise ihrer Verwandten nach Großbritannien zu organisieren. Hugo Brainin, seine Geschwister, zwei Tanten und weitere vier Kinder kamen mit einem Kindertransport am 23. Dezember 1938 wohlbehalten in London an. Andere Familienmitglieder konnten mit Hilfe von Affidavits, die sie von US-amerikanischen Verwandten oder jüdischen Hilfsorganisationen erhalten hatten, direkt in die USA emigrieren. Einige gelangten über Zwischenemigrationsländer in die USA.
Das Unternehmen der Brainins in Wien war bald nach dem „Anschluss“ Österreichs „arisiert“ und Anfang 1940 liquidiert worden. Hugo und sein Bruder Norbert lebten damals bei ihrer Tante Dora in Hampstead Heights, im Nordwesten Londons, wo sie die Schule besuchten. Als die deutsche Wehrmacht Frankreich überfiel ging bei den Briten die Angst vor einem deutschen Angriff um und die Stimmung kippte. Die Flüchtlinge wurden verdächtigt, als Nazispione zu operieren. Davon betroffen waren auch Hugos Onkel Max und Leo und sein Bruder Norbert. Im Herbst 1940 wurden Norbert und Leo als „feindliche Ausländer“ interniert und erst nach einigen Monaten wieder frei gelassen. Max Brainin wurde nach Australien deportiert und in ein Internierungslager gesperrt, er kehrte 1942 nach London zurück. Bis zur Einberufung zum Kriegsdienst in einer Metallwarenfabrik half Hugo Brainin im Betrieb der Onkel mit. Während des Krieges begann er sich vermehrt für Politik zu interessieren und trat der kommunistischen Partei bei. 1946 kehrte der damals 22-jährige Hugo Brainin mit seinem Cousin Harry nach Wien zurück, alle anderen Verwandten blieben in London. Im Dezember 1946 lernte er bei einem Vortrag der Wiener KPÖ seine große Liebe, seine Frau Lotte, kennen. Mit ihr widmete er sich jahrzehntelang der Gedenk- und Erinnerungsarbeit sowie dem Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus. Sie besuchten Schulen und waren gemeinsam als Zeitzeugen und in der politischen Bildung aktiv.